„Bruckwirtin“ Anni Rappold geht nach einem Leben für die Gastronomie in den Ruhestand

Isen, 30. Oktober 2025 – Ein großer Teil der Dekoration ist bereits verkauft oder verschenkt, der Biergarten schon lange im Winterschlaf, viele Angelegenheiten sind bereits geregelt: Am 31. Oktober sperrt Anni Rappold den „Bruckwirt“ in Isen zum letzten Mal hinter den Gästen zu. „Bis Ende Dezember räumen wir dann noch den Rest aus“, erklärt Anni. Die „Wirtin aus Leidenschaft“, wie eine Tageszeitung vor 13 Jahren titelte, geht in den wohlverdienten Ruhestand. Bekannt ist das in Isen und Umgebung bereits seit einem halben Jahr, viele Stammgäste nutzen die letzten Gelegenheiten, um nochmal vorbeizuschauen, zum Essen, zum Ratschen oder um Gutscheine einzulösen. Dass die Bruckwirtin aufhört, wird von vielen Seiten bedauert. Das Lokal war eine Institution in Isen, man ging „zur Anni“ essen und weniger „zum Bruckwirt“.

Doch die zunehmenden Probleme in der Gastronomie und nicht zuletzt auch ihr Alter von mittlerweile 71 Jahren haben die quirlige Frau zu dem Entschluss gebracht, es in einem neuen Lebensabschnitt ruhiger angehen zu lassen.

Geboren wurde Anni Rappold in Dorfen und arbeitete nach der Schule und der Lehre in ihrem erlernten Beruf als Schneiderin. Pausen in ihrem arbeitsreichen Leben gab es nur nach der Geburt der Töchter Sabine, 1974, und Christine, 1983.

Im Jahr 1978 heuerte Anni in der Küche vom Marienstift Dorfen an und Mitte der 1980er Jahre kam dann der Einstieg in die Welt der Gastronomie: Die rührige Frau wurde erst Bedienung „bei der Hartl Muck“ in der Eishalle Dorfen und später dann beim „Schex“ in St. Wolfgang. Dort blieb sie etwa zwei Jahrzehnte.

Einen schweren Schlag mussten die junge Mutter und ihre zwei Töchter einstecken, als der Ehemann und Vater 1992 verstarb. Das war eine Zeit, die das Leben der Familie prägte und den Zusammenhalt stärkte. Der Hausbau war noch im Gange, tagsüber war sie für die Kinder da und abends ging sie arbeiten. Das war viel Verantwortung, vor allem für die große Tochter. „Ich konnte mich immer auf meine Kinder verlassen“, sagt Anni zurückblickend.  

Im Jahr 2012 passierte dann das, worüber damals auch das Bayerische Fernsehen in einem Beitrag berichtet hat. Anni Rappold war zu der Zeit schon zirka zehn Jahre Bedienung im Isener Gasthaus „Zum Bruckwirt“. Der Pachtvertrag der damaligen Wirtsleute lief aus, die Nachfolge war nicht geklärt. „Vor allem die Stammgäste machten sich Gedanken, dass die Wirtschaft nicht so gut wie bislang weitergeführt wird. Da habe ich gesagt, ich mache das selber!“. Die kleine Frau mit dem großen Mut war zwar selbst von ihrer Courage überrascht, packte aber ihre große Chance beim Schopf. „Ich war damals 58 Jahre alt. Da gehen manche schon in Rente. Ich habe noch mal völlig neu angefangen“. Zunächst gabs einen Krisenrat mit der Familie. Tochter Christine, ausgebildete Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin und damals Wirtschaftsleiterin im Marienstift Dorfen, konnte ihre wertvollen Erfahrungen einbringen, der spätere Schwiegersohn Johann „Joe“ war gelernter Koch mit viel Berufspraxis. Er sattelte später sogar eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten drauf und war damit in Büro und Küche eine wichtige Stütze.

Die Familie stürzte sich in die Arbeit. Die Küche des Lokals hatte dank frisch zubereiteter Speisen aus regionalen Lebensmitteln einen guten Ruf. Anni war beliebt durch ihre flinke, zugewandte und stets aufmerksame Art, mit der sie Bestellungen ohne Zettel aufnehmen konnte und dank ihres bemerkenswerten Gedächtnisses das Richtige an die Tische brachte. Viele Vereine trafen sich beim „Bruckwirt“ zum Stammtisch – darunter auch die Blaskapelle. Die hatte ihre Lieblingswirtin für eine Auszeichnung beim Verein für den Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur nominiert. „Ich habe davon erst erfahren, als mir mitgeteilt wurde, dass ich den Ehrenpreis gewonnen habe“, lacht Anni. Für die Arbeit in der Wirtschaft, in der maximal 100 Gäste innen und weitere 100 im Biergarten unterkommen konnten und zu der noch vier Pensionszimmer gehören, brachten die Wirtin und ihre Familie die erforderliche Leidenschaft mit. „Es konnte passieren, dass wir früh um sechs mit dem Frühstück angefangen habe und es mit einer großen Feier bis zum nächsten Morgen drei Uhr weiterging – und dann wieder um sechs mit dem Frühstück“, erinnert sich Christine Rappold. Neben ihr und ihrem Mann gehörten im Lauf des letztens Jahrzehnts auch drei der fünf Söhne ihrer Schwester Sabine zu regelmäßigen Helfern im laufenden Betrieb.

Doch wie geht es nun weiter? „Die Leute machen sich vor allem Sorgen, dass es mir langweilig werden könnte“, sagt Anni mit verschmitztem Lächeln, „aber das wird wirklich nicht passieren“. Sie erzählt von ihrem Garten, ihrer Familie und dem jüngsten Enkel, der Tochter von Christine. Sie ist gerade mal vier Jahre alt und macht schon feste Pläne, was die Großmutter mit ihr anstellt. „Die Oma wird auch weiterhin fürs Frühstück zuständig sein“, erklärt Tochter Christine, die ihrer Mutter hilft, die Wirtschaft abzuwickeln. Wer ein Erinnerungsstück ergattern will, sollte sich sich den 15. November 14 bis 18 Uhr und den 16. November 8 bis 13 Uhr in den Kalender eintragen. Dann wird es nochmal einen Flohmarkt mit den letzten Ausstattungsartikeln der Wirtschaft geben.

Anni und Christine Rappold. Foto: privat

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